Russische Klaviermusik des 20. Jahrhunderts
Christoph Staude, Klavier
Programm
in Zusammenarbeit mit dem Museum im Kulturspeicher
Programm
Alexander Skrjabin (1873-1915) Vers la flamme op. 72
Nikolaj Roslavets (1880-1944) Auswahl aus „Cinq Préludes“ (1919-1922)
Nikolaj Obuchov (1892-1954) Dix Tableaux Psychlogiques (1915)
Sergej Protopopov (1892-1956) 2. Sonate op.5 (1924)
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Franz Liszt (1811-1886) Unstern (Klavierstück)
Julian Skrjabin (1908-1919) Prélude (1919)
Ivan Wyschnegradsky (1893-1979) Etude sur le carré magique sonore op.40 (1957)
Christoph Staude(*1965) Drei Klangraumstudien für Klavier
Ludwig van Beethoven (1770-1827) 32 Variationen c-moll für Klavier
„Russische Avantgarde“, Staude, Liszt und Beethoven
Die Aufbrüche in Russland in der Bildenden Kunst um den Ersten Weltkrieg bzw. die Revolution herum (u. a. Malewitsch, Lissitzky, Tatlin, Popowa, Kandinsky), in Literatur und Theater bezeichnet man häufig als „Russische Avantgarde“ – und lässt dabei die zumeist gleichzeitigen Erneue- rungsschübe in der russischen Musik (u. a. Skrjabin, Roslawetz, Obuchov, Prototopov, Wyschnegradsky) außer Acht. Allen diesen russischen Avantgarde-Bestrebungen in Kunst und Kultur ist gemeinsam, dass sie mit der Stalinschen Kul- turpolitik seit Ender 20er Jahre des letzten Jahrhunderts ihr brutales Ende fanden – bis hin zu persönlichen Konsequen- zen.
Alexander Skrjabin (1872-1915) erzeugt auf dem Klavier in Vers la flamme, das eines seiner letzten Stücke ist, durch absteigende Halbtonschritte, ungewöhnliche Harmonien und schwierige Tremoli ein feuriges Leuchten.
Nikolaj Roslawetz (1880-1944) zeigt in seinen Préludes seine Absicht, den Traum von neuen, unerhörten Klang- welten verbinden zu wollen mit der Herstellung einer neuen umfassenden Ordnung.
Nikolaj Obuchov (1892-1954) schreibt in Dix tableaux psychologiques aphoristische Miniaturen, die in einer Art von Zwöftönigkeit alle Tonstufen des temperierten Systems gleichwertig behandeln.
Die Tonsprache von Sergej Prototopov (1892-1956) in seiner 2. Klaviersonate ist progressiv, pianistisch höchst an- spruchsvoll und von düsterem Charakter. Julian Skrjabin (1908-1919), der hochbegabte, elfjährig bei einem Badeunfall ums Leben gekommene Sohn des Kom- ponisten Alexander Skrjabin, entfernt sich in seinem spekulativen Komponierstil und seiner kühnen Chromatik weit von den Klangwelten seines Vaters.
Iwan Wyschnegradsky (1893-1979) experimentiert, u. a. in der Étude op. 40, sowohl mit Ansätzen zur Atonalität als auch mit mikrotonaler Viertel- und Zwölftelton-Harmonik.
Neben diesen Werken aus der russischen Avantgarde wer- den erklingen: Franz Liszt (1811-1886), Mephistowalzer – ein schwungvolles, höchst schwierig zu spielendes Klavierstück in fortgeschrittener Tonsprache, das sich an einer Szene von Lenaus (nicht Goethes) Faust orientiert. Christoph Staude (* 1965) erkundet in seinen Klangraumstudien (1992-1995) reale und imaginierte Räume.
Am Schluss des Klavierabends stehen die vermutlich 1806 komponierten 32 Variationen c-moll WoO 80 von Ludwig van Beethoven, die, fußend auf einem eher schlichten Thema, in kurzen Variationen Beethovens reich entwickelte Kunst der phantasievollen Veränderung musikalischen Ma- terials unter Beweis stellen.
Der Pianist und Komponist Christoph Staude (* 1965 in München) hat Kompositionsaufträge des SWF für die Donaueschinger Musiktage und mehrfach vom WDR und Auszeichnungen in inter- nationalen Kompopositionswettbewerben erhalten. Er lebt seit Ende 1994 auf der Raketenstation / Museum Insel Hombroich und initiierte dort 1997 die Reihe Hombroich: Neue Musik.
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